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== Beuys-Eiche an der Martin-Niemöller-Schule ==
[[Datei:Beuys Eiche Erinnerungstafel.JPG|mini|Gedenktafel an der Joseph-Beuys-Eiche an der Martin-Niemöller-Schule in Wiesbaden. Aufgestellt 2024. Foto: Frank Topsch]]
Die '''Beuys-Eiche an der Martin-Niemöller-Schule''' ist Teil der weltberühmten Kunstaktion „7000 Eichen – Stadtverwaldung statt Stadtverwaltung“, die 1982 von [[Joseph Beuys]] im Rahmen der [[documenta 7]] initiiert wurde. Auf Initiative von Schülern und Lehrern des damaligen Oberstufengymnasiums am Moltkering, heute Martin-Niemöller-Schule, fand eine der 7000 Eichen ihren Weg nach Wiesbaden. Das Ensemble, bestehend aus einer Eiche und einem Basaltstein, wurde unter großem Engagement der Schüler und Lehrer auf dem Schulgelände gepflanzt.
Die '''Beuys-Eiche an der Martin-Niemöller-Schule''' ist Teil der weltbekannten Kunstaktion „7000 Eichen – Stadtverwaldung statt Stadtverwaltung“, die 1982 von [https://de.wikipedia.org/wiki/Joseph_Beuys Joseph Beuys] im Rahmen der [https://de.wikipedia.org/wiki/Documenta_7 documenta 7] initiiert wurde. Auf Initiative von Schülerinnen und Schüler sowie Lehrkräften des damaligen Oberstufengymnasiums am Moltkering, der heutigen [https://de.wikipedia.org/wiki/Martin-Niem%C3%B6ller-Schule Martin-Niemöller-Schule], fand eine der 7000 Eichen ihren Weg nach Wiesbaden. Das Ensemble, bestehend aus einer Eiche und einem Basaltstein, wurde mit großem Engagement aller Beteiligten auf dem Schulgelände gepflanzt.


=== Hintergrund der Aktion „7000 Eichen“ ===
== Hintergrund der Aktion „7000 Eichen“ ==
Die Aktion „7000 Eichen Stadtverwaldung statt Stadtverwaltung“ wurde von Joseph Beuys als Beitrag zur [[documenta 7]] im Jahr 1982 initiiert. Ziel war es, 7000 Eichen in Kassel zu pflanzen, jede begleitet von einer Basaltstele. Beuys wollte damit ein ökologisches und gesellschaftspolitisches Signal setzen, das die Verbindung zwischen Mensch und Natur stärkt. Die Aktion ging über das rein Künstlerische hinaus und war Teil seines Konzepts der [[Soziale Plastik|Sozialen Plastik]], wonach jeder Mensch ein Künstler ist und die Gesellschaft durch individuelle Handlungen verändert werden kann.
Die Aktion [https://de.wikipedia.org/wiki/7000_Eichen „7000 Eichen - Stadtverwaldung statt Stadtverwaltung“] wurde von Joseph Beuys als Beitrag zur documenta 7 im Jahr 1982 initiiert. Ziel war es, 7000 Eichen in Kassel zu pflanzen, jede mit einer Basaltstele. Beuys wollte damit ein ökologisches und gesellschaftspolitisches Zeichen setzen, das die Verbindung zwischen Mensch und Natur stärkt. Die Aktion ging über das rein Künstlerische hinaus und war Teil seines Konzepts der Sozialen Plastik, wonach jeder Mensch ein Künstler ist und die Gesellschaft durch individuelle Handlungen verändert werden kann. Im Rahmen dieser Aktion wurde deutlich, dass das Kunstwerk nicht statisch, sondern dynamisch ist. Das Ensemble aus Eichen und Basaltstelen steht nicht nur in Kassel, sondern wurde weltweit in verschiedenen Städten repliziert, unter anderem auch in New York. Diese globale Verbreitung der Bäume, wie auch die Pflanzung anderer Baumarten neben den Eichen, symbolisiert die Ausdehnung des Kunstwerks über Zeit und Raum hinaus und verdeutlicht, dass Kunst und Natur im Wandel begriffen sind.


Im Rahmen dieser Aktion wurde deutlich, dass das Kunstwerk nicht statisch, sondern dynamisch ist. Das Ensemble aus Eichen und Basaltstelen steht nicht nur in Kassel, sondern wurde weltweit in verschiedenen Städten repliziert, unter anderem auch in New York. Diese globale Verbreitung der Bäume, wie auch das Einpflanzen anderer Baumarten neben Eichen, symbolisiert die Erweiterung des Kunstwerks über Zeit und Raum hinaus und verdeutlicht, dass Kunst und Natur im Wandel sind.
== Der Weg der Beuys-Eiche nach Wiesbaden ==
Die Initiative zur Pflanzung einer Beuys-Eiche in Wiesbaden ging von Schülerinnen und Schülern der Martin-Niemöller-Schule aus, die 1982 noch unter dem Namen „Oberstufengymnasium am Moltkering“ bekannt war. Bei einer Exkursion zur documenta 7 in Kassel, wo die Kinder die imposanten 7000 Basaltstelen vor dem Fridericianum sahen, entstand die Idee, ein solches Ensemble auch in Wiesbaden zu pflanzen.<ref>[https://niemoellerschule.net/schulleben/schulkultur/beuys/ Beuys-Eiche - Martin-Niemöller-Schule] </ref> Unterstützt wurden sie dabei von den Kunstlehrern Klaus Dettke und Frank Müller, die die Idee mit dem sogenannten "Baumbüro" in Kassel verhandelten. Der Wunsch, eine Eiche von Kassel nach Wiesbaden zu transportieren, wurde zunächst abgelehnt, da dies dem Konzept der Aktion „Stadtverwaldung statt Stadtverwaltung“ widersprach. Schließlich einigte man sich auf einen Kompromiss: Die Schulgemeinschaft kaufte zwei Eichen für je 500 DM - eine sollte in Kassel und eine in Wiesbaden gepflanzt werden. Die Finanzierung erfolgte durch eine Spendenaktion, zu der Schülerinnen und Schüler sowie Lehrkräfte jeweils fünf Mark beitrugen.


=== Der Weg der Beuys-Eiche nach Wiesbaden ===
== Die Pflanzaktion in Wiesbaden ==
Die Initiative zur Pflanzung einer Beuys-Eiche in Wiesbaden ging von Schülern der Martin-Niemöller-Schule aus, die 1982 noch unter dem Namen „Oberstufengymnasium am Moltkering“ bekannt war. Bei einer Exkursion zur documenta 7 in Kassel, wo die Schüler die imposanten 7000 Basaltstelen vor dem Fridericianum sahen, entstand die Idee, ein solches Ensemble auch in Wiesbaden zu pflanzen. Unterstützt wurden sie dabei von den Kunstlehrern Klaus Dettke und Frank Müller, die die Idee mit dem sogenannten „Baumbüro“ in Kassel verhandelten.
[[Datei:Screenshot des Dokumentarfilms .jpg|mini|Screenshot aus dem 3sat-Dokumentarfilm "Auf den Spuren der Beuys-Eiche in Wiesbaden" von Teresa Corceiro]]
Nach erfolgreichen Verhandlungen und dem Kauf der Eichen wurde eine zweite Fahrt nach Kassel organisiert, um die Wiesbadener Eiche und die dazugehörige Basaltstele abzuholen. Die Eiche wurde im Mittelgang des Busses transportiert, während die Stele im Gepäckraum verstaut wurde. In Wiesbaden angekommen, verhandelte Klaus Dettke mit dem Schulleiter über den Pflanzort. Der Baum wurde schließlich an einer zentralen Stelle auf dem Schulgelände gepflanzt, wo er für alle Schülerinnen und Schüler beim Betreten des Schulgeländes sichtbar war. Die Pflanzaktion selbst wurde zu einem großen Kunst-Happening. Religionslehrer Brockhoff spielte auf der Trompete, während die Kinder der Helene-Lange-Schule bunt bemalt und in grüne Umhänge gehüllt das Geschehen begleiteten.


Zunächst lehnte man den Wunsch ab, eine Eiche aus Kassel nach Wiesbaden zu transportieren, da dies dem Konzept der Aktion „Stadtverwaldung statt Stadtverwaltung“ widersprach. Schließlich wurde ein Kompromiss gefunden: Die Schüler kauften zwei Eichen für je 500 DM – eine sollte in Kassel und eine in Wiesbaden gepflanzt werden. Die Finanzierung erfolgte durch eine Spendenaktion, bei der die Schüler und Lehrer fünf Mark pro Person beisteuerten.
== Zerstörungsversuche und Wiederbelebung ==
Kurz nach der Pflanzung wurde der Beuys-Baum mehrfach angegriffen. Konservative Kräfte, die der Aktion kritisch gegenüberstanden, versuchten mehrfach, den Baum zu zerstören. Trotz der Bemühungen von Schülern und Lehrern, den Baum zu retten, war er nach einem weiteren Angriff so stark beschädigt, dass er nicht mehr gerettet werden konnte. Ein Ersatzbaum wurde an der gleichen Stelle gepflanzt, wurde erneut Ziel von Vandalismus, überlebte aber. In den 1990er Jahren wurde das Ensemble aus Eiche und Basaltstein wegen Bauarbeiten auf dem Schulgelände versetzt. Der neue Standort war jedoch versteckt und schwer zugänglich. Heute erinnert nur noch wenig an den ursprünglichen Standort des Beuys-Baumes.<ref>[https://niemoellerschule.net/wp-content/uploads/2023/06/KlausDettkeBeuys-Eiche.pdf Dettke, Klaus (2021): Beuys-Baum Pflanzaktion am OMR Wiesbaden. Mein höchst lückenhafter Bericht aus meiner beträchtlich getrübten Erinnerung.]</ref>


=== Die Pflanzaktion in Wiesbaden ===
== Die Eiche heute ==
Nach erfolgreicher Verhandlung und dem Kauf der Eichen wurde eine zweite Fahrt nach Kassel organisiert, bei der die Wiesbadener Eiche und die dazugehörige Basaltstele abgeholt wurden. Der Baum wurde im Mittelgang des Busses transportiert, während die Stele im Gepäckraum verstaut wurde. In Wiesbaden angekommen, verhandelte Klaus Dettke mit dem Schulleiter über den Standort der Pflanzung. Der Baum wurde schließlich an einem zentralen Ort auf dem Schulgelände gepflanzt, wo er für alle Schüler sichtbar war, wenn sie auf das Gelände kamen.
[[Datei:Einladungskarte Beuys.png|mini|Einladung zur Beuys-Ausstellung "Wenn Ideen Wurzeln schlagen" in der Martin-Niemöller-Schule am 25.09.2024. Gestaltung: Meret Becker und Laila Helbert]]
Die ursprüngliche Beuys-Eiche ist nicht mehr erhalten, aber eine neue Eiche ist an ihrer Stelle gewachsen. Auch der Basaltstein blieb erhalten und steht an seinem neuen, abgelegenen Platz auf dem Schulgelände. Trotz der Versetzung des Ensembles wird die Geschichte der Beuys-Eiche in Wiesbaden von ehemaligen Schülern und Lehrern in Erinnerung gehalten. Anlässlich des 50-jährigen Jubiläums der Martin-Niemöller-Schule im Jahr 2024 wird das Ensemble auf Initiative ehemaliger Schülerinnen und Schüler sowie Lehrerinnen wieder stärker in das Bewusstsein der Öffentlichkeit gerückt. Nun wurde ein Hinweisschild angebracht. Eine Ausstellung und ein Expertengespräch am 25. September 2024 erinnern an die Pflanzung der Beuys-Eiche und ihren kulturellen Wert.


Die Pflanzaktion selbst wurde zu einem großen Kunsthappening. Der Religionslehrer Brockhoff spielte Trompete, während Kinder der Helene-Lange-Schule bunt bemalt und in grüne Umhänge gehüllt, die Veranstaltung begleiteten.
== Teresa Corceiros Film über die Beuys-Eiche ==
 
Die Filmemacherin Teresa Corceiro, selbst ehemalige Schülerin der Martin-Niemöller-Schule, hat die Geschichte der Wiesbadener Beuys-Eiche in einem Film dokumentiert, der 2022 auf 3sat ausgestrahlt wurde und in der Mediathek abrufbar ist.<ref>Der Beuys-Eiche in Wiesbaden auf der Spur - [https://www.3sat.de/kultur/kulturzeit/der-beuys-eiche-in-wiesbaden-auf-der-spur-100.html 3sat]-Mediathek</ref> In Interviews mit den ehemaligen Kunstlehrern Klaus Dettke und Frank Müller erzählt sie die Geschichte der Pflanzung und die Herausforderungen, denen sich die Eiche in den ersten Jahren stellen musste.
=== Zerstörungsversuche und Wiederbelebung ===
Kurz nach der Pflanzung war der Beuys-Baum mehreren Angriffen ausgesetzt. Konservative Kräfte, die der Aktion kritisch gegenüberstanden, versuchten wiederholt, den Baum zu zerstören. Trotz der Bemühungen der Schüler und Lehrer, den Baum zu retten, wurde er nach einem weiteren Angriff so stark beschädigt, dass er nicht mehr zu retten war. Ein Ersatzbaum wurde an derselben Stelle gepflanzt, und auch dieser war erneut Ziel von Vandalismus, überlebte jedoch.
 
In den 1990er Jahren wurde das Ensemble aus Eiche und Basaltstein aufgrund von Bauarbeiten auf dem Schulgelände versetzt. Der neue Standort war jedoch versteckt und schwer zugänglich. Heute erinnert nur noch wenig an den ursprünglichen Standort des Beuys-Baums.
 
=== Die Eiche heute ===
Die ursprüngliche Beuys-Eiche ist zwar nicht mehr erhalten, doch an ihrer Stelle wächst eine neue Eiche. Der Basaltstein ist ebenfalls erhalten geblieben und steht weiterhin an dem neuen, abgelegenen Ort auf dem Schulgelände. Trotz der Verlegung des Ensembles wird die Geschichte der Beuys-Eiche in Wiesbaden weiterhin von ehemaligen Schülern und Lehrern in Erinnerung gehalten.
 
Im Jahr 2024, anlässlich des 50-jährigen Jubiläums der Martin-Niemöller-Schule, wurde das Ensemble durch eine Initiative von ehemaligen Lehrern und Schülern wieder stärker ins Bewusstsein gerückt. Eine Ausstellung und ein Experten-Gespräch erinnern an die Pflanzung der Beuys-Eiche und ihren kulturellen Wert.
 
=== Teresa Corceiros Film über die Beuys-Eiche ===
Die Filmemacherin Teresa Corceiro, selbst ehemalige Schülerin der Martin-Niemöller-Schule, dokumentierte die Geschichte der Wiesbadener Beuys-Eiche in einem Film, der 2024 veröffentlicht wurde. In Interviews mit den ehemaligen Kunstlehrern Klaus Dettke und Frank Müller erzählt sie die Geschichte der Pflanzung und der Herausforderungen, denen die Eiche in den ersten Jahren ausgesetzt war.


== Literatur und Quellen ==
== Literatur und Quellen ==
* Lewalter, Björn & Unbehend, Axel (Hrsg.): „Aktion 7000 Eichen – Josef Beuys“, in: ''Raum.Kunst''. Kunstbetrachtungen, Kulturamt der Stadt Wiesbaden, 2002.
* [https://niemoellerschule.net/wp-content/uploads/2023/06/KlausDettkeBeuys-Eiche.pdf Dettke, Klaus (2021): Beuys-Baum Pflanzaktion am OMR Wiesbaden. Mein höchst lückenhafter Bericht aus meiner beträchtlich getrübten Erinnerung.]
* Lange, Volker: „7000 Eichen: Ein außergewöhnliches Gartenkulturdenkmal“, in: ''Jahrbuch Gartenkultur 2022''.
* Interview mit Teresa Corceiro, geführt von Ingeborg Salm-Boost, 14. Februar 2024.
* Dettke, Klaus: „Beuys-Baum Pflanzaktion am OMR Wiesbaden. Mein Bericht“, August 2021.
* Einladung zur Ausstellung „Die Beuys-Eiche hat Geburtstag“, Martin-Niemöller-Schule, 25. September 2024.
* Einladung zur Ausstellung „Die Beuys-Eiche hat Geburtstag“, Martin-Niemöller-Schule, 25. September 2024.
* Internetseite der Martin-Niemöller-Schule mit einem ausführlichen Beitrag zur Geschichte der Beuys-Eiche. [https://niemoellerschule.net/schulleben/schulkultur/beuys/ LINK]
* Internetseite zur Aktion 7000 Eichen www.7000eichen.de: [https://www.7000eichen.de/ LINK]
* [https://niemoellerschule.net/wp-content/uploads/2023/10/Beuys-Lewalter.pdf Lewalter, Björn (2002):  Aktion 7000 Eichen – Josef Beuys. In: Raum.Kunst, Kunstbetrachtungen von Björn Lewalter und Axel Unbehend, Kulturamt der Stadt Wiesbaden (Hrsg.), Edition 6065 Wiesbaden.]
* [https://niemoellerschule.net/wp-content/uploads/2023/10/jahrbuch_gartenkultur_2022.pdf Lange, Volker (2022): Joseph Beuys 7000 Eichen - Ein außergewöhnliches Kulturdenkmal feiert Jubiläum. In: ''Jahrbuch Gartenkultur. Deutsche Gesellschaft für Gartenkunst und Landschaftskultur e.V., S. 46-55.'']
* [https://www.freunde-museum-wiesbaden.de/news/joseph-beuys-verbindet/ Salm-Boost, I. (2024): Joseph Beuys verbindet. Niemöller-Schule nun „Außenstation des Museums“. Freunde des Museums Wiesbaden.]
* Thielecke, K., Kirchner, L. (2020): Spaziergangsführer Beuys to go – Unterwegs zu 7000 Eichen, euregioverlag, Kassel.
== Einzelnachweise ==

Aktuelle Version vom 2. Oktober 2024, 22:44 Uhr

Gedenktafel an der Joseph-Beuys-Eiche an der Martin-Niemöller-Schule in Wiesbaden. Aufgestellt 2024. Foto: Frank Topsch

Die Beuys-Eiche an der Martin-Niemöller-Schule ist Teil der weltbekannten Kunstaktion „7000 Eichen – Stadtverwaldung statt Stadtverwaltung“, die 1982 von Joseph Beuys im Rahmen der documenta 7 initiiert wurde. Auf Initiative von Schülerinnen und Schüler sowie Lehrkräften des damaligen Oberstufengymnasiums am Moltkering, der heutigen Martin-Niemöller-Schule, fand eine der 7000 Eichen ihren Weg nach Wiesbaden. Das Ensemble, bestehend aus einer Eiche und einem Basaltstein, wurde mit großem Engagement aller Beteiligten auf dem Schulgelände gepflanzt.

Hintergrund der Aktion „7000 Eichen“

Die Aktion „7000 Eichen - Stadtverwaldung statt Stadtverwaltung“ wurde von Joseph Beuys als Beitrag zur documenta 7 im Jahr 1982 initiiert. Ziel war es, 7000 Eichen in Kassel zu pflanzen, jede mit einer Basaltstele. Beuys wollte damit ein ökologisches und gesellschaftspolitisches Zeichen setzen, das die Verbindung zwischen Mensch und Natur stärkt. Die Aktion ging über das rein Künstlerische hinaus und war Teil seines Konzepts der Sozialen Plastik, wonach jeder Mensch ein Künstler ist und die Gesellschaft durch individuelle Handlungen verändert werden kann. Im Rahmen dieser Aktion wurde deutlich, dass das Kunstwerk nicht statisch, sondern dynamisch ist. Das Ensemble aus Eichen und Basaltstelen steht nicht nur in Kassel, sondern wurde weltweit in verschiedenen Städten repliziert, unter anderem auch in New York. Diese globale Verbreitung der Bäume, wie auch die Pflanzung anderer Baumarten neben den Eichen, symbolisiert die Ausdehnung des Kunstwerks über Zeit und Raum hinaus und verdeutlicht, dass Kunst und Natur im Wandel begriffen sind.

Der Weg der Beuys-Eiche nach Wiesbaden

Die Initiative zur Pflanzung einer Beuys-Eiche in Wiesbaden ging von Schülerinnen und Schülern der Martin-Niemöller-Schule aus, die 1982 noch unter dem Namen „Oberstufengymnasium am Moltkering“ bekannt war. Bei einer Exkursion zur documenta 7 in Kassel, wo die Kinder die imposanten 7000 Basaltstelen vor dem Fridericianum sahen, entstand die Idee, ein solches Ensemble auch in Wiesbaden zu pflanzen.[1] Unterstützt wurden sie dabei von den Kunstlehrern Klaus Dettke und Frank Müller, die die Idee mit dem sogenannten "Baumbüro" in Kassel verhandelten. Der Wunsch, eine Eiche von Kassel nach Wiesbaden zu transportieren, wurde zunächst abgelehnt, da dies dem Konzept der Aktion „Stadtverwaldung statt Stadtverwaltung“ widersprach. Schließlich einigte man sich auf einen Kompromiss: Die Schulgemeinschaft kaufte zwei Eichen für je 500 DM - eine sollte in Kassel und eine in Wiesbaden gepflanzt werden. Die Finanzierung erfolgte durch eine Spendenaktion, zu der Schülerinnen und Schüler sowie Lehrkräfte jeweils fünf Mark beitrugen.

Die Pflanzaktion in Wiesbaden

Screenshot aus dem 3sat-Dokumentarfilm "Auf den Spuren der Beuys-Eiche in Wiesbaden" von Teresa Corceiro

Nach erfolgreichen Verhandlungen und dem Kauf der Eichen wurde eine zweite Fahrt nach Kassel organisiert, um die Wiesbadener Eiche und die dazugehörige Basaltstele abzuholen. Die Eiche wurde im Mittelgang des Busses transportiert, während die Stele im Gepäckraum verstaut wurde. In Wiesbaden angekommen, verhandelte Klaus Dettke mit dem Schulleiter über den Pflanzort. Der Baum wurde schließlich an einer zentralen Stelle auf dem Schulgelände gepflanzt, wo er für alle Schülerinnen und Schüler beim Betreten des Schulgeländes sichtbar war. Die Pflanzaktion selbst wurde zu einem großen Kunst-Happening. Religionslehrer Brockhoff spielte auf der Trompete, während die Kinder der Helene-Lange-Schule bunt bemalt und in grüne Umhänge gehüllt das Geschehen begleiteten.

Zerstörungsversuche und Wiederbelebung

Kurz nach der Pflanzung wurde der Beuys-Baum mehrfach angegriffen. Konservative Kräfte, die der Aktion kritisch gegenüberstanden, versuchten mehrfach, den Baum zu zerstören. Trotz der Bemühungen von Schülern und Lehrern, den Baum zu retten, war er nach einem weiteren Angriff so stark beschädigt, dass er nicht mehr gerettet werden konnte. Ein Ersatzbaum wurde an der gleichen Stelle gepflanzt, wurde erneut Ziel von Vandalismus, überlebte aber. In den 1990er Jahren wurde das Ensemble aus Eiche und Basaltstein wegen Bauarbeiten auf dem Schulgelände versetzt. Der neue Standort war jedoch versteckt und schwer zugänglich. Heute erinnert nur noch wenig an den ursprünglichen Standort des Beuys-Baumes.[2]

Die Eiche heute

Einladung zur Beuys-Ausstellung "Wenn Ideen Wurzeln schlagen" in der Martin-Niemöller-Schule am 25.09.2024. Gestaltung: Meret Becker und Laila Helbert

Die ursprüngliche Beuys-Eiche ist nicht mehr erhalten, aber eine neue Eiche ist an ihrer Stelle gewachsen. Auch der Basaltstein blieb erhalten und steht an seinem neuen, abgelegenen Platz auf dem Schulgelände. Trotz der Versetzung des Ensembles wird die Geschichte der Beuys-Eiche in Wiesbaden von ehemaligen Schülern und Lehrern in Erinnerung gehalten. Anlässlich des 50-jährigen Jubiläums der Martin-Niemöller-Schule im Jahr 2024 wird das Ensemble auf Initiative ehemaliger Schülerinnen und Schüler sowie Lehrerinnen wieder stärker in das Bewusstsein der Öffentlichkeit gerückt. Nun wurde ein Hinweisschild angebracht. Eine Ausstellung und ein Expertengespräch am 25. September 2024 erinnern an die Pflanzung der Beuys-Eiche und ihren kulturellen Wert.

Teresa Corceiros Film über die Beuys-Eiche

Die Filmemacherin Teresa Corceiro, selbst ehemalige Schülerin der Martin-Niemöller-Schule, hat die Geschichte der Wiesbadener Beuys-Eiche in einem Film dokumentiert, der 2022 auf 3sat ausgestrahlt wurde und in der Mediathek abrufbar ist.[3] In Interviews mit den ehemaligen Kunstlehrern Klaus Dettke und Frank Müller erzählt sie die Geschichte der Pflanzung und die Herausforderungen, denen sich die Eiche in den ersten Jahren stellen musste.

Literatur und Quellen

Einzelnachweise