Museum Reinhard Ernst: Unterschied zwischen den Versionen
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Version vom 12. Oktober 2023, 07:13 Uhr
Das Museum Reinhard Ernst ist ein Kunst- und Kulturinstitut in Wiesbaden, das sich der Präsentation und Erforschung abstrakter Kunst des 20. und 21. Jahrhunderts widmet. Es wurde von Reinhard Ernst, einem leidenschaftlichen Sammler abstrakter Kunst, gegründet.
Geschichte
Das Museum wurde gegründet, um die Privatsammlung von Reinhard Ernst, der über viele Jahre bedeutende Werke der abstrakten Kunst zusammengetragen hat, einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen.
Im Jahr 2016 bot die Reinhard & Sonja Ernst-Stiftung der Stadt Wiesbaden an, auf eigene Kosten ein Museum zu errichten und zu betreiben. Nach einem Bürgerbeteiligungsverfahren wurde ein zentral gelegenes Grundstück mit breiter, parteiübergreifender Zustimmung für 99 Jahre an die Stiftung verpachtet. Während dieser Zeit übernimmt die Stiftung die Verantwortung für den Bau, den Unterhalt des Gebäudes und die Finanzierung des Museums.
Das für das Jahr 2023 geplante Museum in der Wilhelmstraße 1 in der Wiesbadener Innenstadt wird auf drei Etagen die beeindruckende Sammlung abstrakter Kunst des Wiesbadener Geschäftsmanns und Philanthropen Reinhard Ernst präsentieren und durch wechselnde Ausstellungen ergänzen. Das Projekt ist das Ergebnis eines bereits 2010 begonnenen Planungsprozesses und spiegelt auch die tiefe Freundschaft zwischen Reinhard Ernst und dem renommierten japanischen Architekten und Pritzker-Preisträger Fumihiko Maki wider. Das Museum erstreckt sich über eine Gesamtfläche von 9.000 m², wovon allein 2.000 m² auf die Ausstellungsbereiche entfallen. Auf zwei Etagen entführen ausgewählte Werke aus der über 900 Exponate umfassenden Sammlung Ernst in die Welt der abstrakten Kunst. Der auffällige, kubische Bau in strahlendem Weiß mit seinem markanten Atrium wurde für rund 80 Millionen Euro realisiert.
Ab 1. Dezember 2021 ist der Kunsthistoriker Oliver Kornhoff Gründungsdirektor.
Architektur
Das vom japanischen Stararchitekten Fumihiko Maki entworfene und vom Frankfurter Architekturbüro schneider+schumacher realisierte Museumsgebäude ist ein Kunstwerk für sich und zeichnet sich durch moderne und innovative Strukturen aus, die auf eine optimale Präsentation der ausgestellten abstrakten Kunstwerke abzielen. Große Fensterflächen lassen viel natürliches Licht in die Ausstellungsräume und schaffen so eine einzigartige Atmosphäre, die den Besucher in ihren Bann zieht.
Ästhetisch oft als "Zuckerwürfel" bezeichnet, nimmt es mit seiner imposanten weißen Granitverkleidung die architektonischen Linien und Versprünge der umliegenden Gebäude gekonnt auf. Diese Gestaltung folgt dem städtebaulichen Konzept der Stadt Wiesbaden, die Randbebauung entlang der Wilhelmstraße und der Rheinstraße in Anlehnung an das vor dem Zweiten Weltkrieg bestehende Grandhotel "Victoria" wieder aufleben zu lassen. Die architektonischen Dimensionen des Museums sind präzise: Ein rechteckiger Grundriss von ca. 46 x 65 Metern und eine Traufhöhe von 20 Metern spiegeln die umgebende Architektur wider. Das Untergeschoss reicht bis in eine Tiefe von 8,5 Metern. Der Hauptzugang für die Museumsbesucher liegt an der Wilhelmstraße und ist sowohl über eine repräsentative Treppe als auch über eine barrierefreie Rampe erreichbar. Das Grundstück selbst wird durch eine immergrüne Laubhecke abgegrenzt und das Museum verfügt über Parkplätze für Besucher mit eingeschränkter Mobilität.
Der dreigeschossige Entwurf von Maki and Associates manifestiert eine Symbiose aus historischer Anmutung und modernem Charakter, passend zur Wiesbadener Innenstadt. Das Erdgeschoss besticht durch ein voll verglastes Atrium, das ein kontinuierliches Spiel des Tageslichts im Inneren ermöglicht. Um diesen zentralen Innenhof gruppieren sich die einzelnen Gebäudeteile. Die schlichten, weiß verkleideten Baukörper scheinen über dem verglasten Erdgeschoss zu schweben. Durch die enge Zusammenarbeit mit den Tragwerksplanern Bollinger und Grohmann konnte auf fast alle freistehenden Stützen verzichtet werden, so dass großzügige, miteinander verbundene Innenräume entstanden. Ein Rundgang durch das Museum offenbart einen variierenden Raumrhythmus - jeder Ausstellungsraum besticht durch unterschiedliche Höhen und Dimensionen, wobei der großzügigste Raum eine Fläche von rund 340 Quadratmetern und der höchste eine beeindruckende Höhe von 14 Metern erreicht.
Sammlung
Die beeindruckende Sammlung abstrakter Kunst des Wiesbadener Unternehmers Reinhard Ernst ist Ausdruck seiner Leidenschaft und seines Engagements für die Kunst, das in den 1980er Jahren begann. Bis 2023 wird die Sammlung auf über 900 Werke angewachsen sein. Aus dem Wunsch heraus, diese bemerkenswerte Sammlung einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen, entstand die Vision eines Museums für abstrakte Kunst. Hier sollen sowohl die Werke der "Sammlung Reinhard Ernst" als auch thematisch passende Leihgaben aus anderen Museen präsentiert werden. Die Sammlung konzentriert sich insbesondere auf die abstrakte deutsche und europäische Kunst der Nachkriegszeit, den abstrakten amerikanischen Expressionismus und die abstrakte japanische Kunst. Ergänzt werden diese Hauptströmungen durch zeitgenössische Kunst, darunter spezielle Auftragsarbeiten von Künstlern wie Mad C, Tony Cragg, Katharina Grosse, Karl-Martin Hartmann und Bettina Pousttchi.
Im März 2019 wurde eine erste Ausstellung mit neun großformatigen Gemälden aus der Sammlung im Landesmuseum Wiesbaden gezeigt. Dabei wurde auch das im Hirmer Verlag erschienene Buch Faszination Farbe" präsentiert, das einen Überblick über die Sammlung Ernst gibt. Über 860 Gemälde und Skulpturen aus dieser Sammlung, ergänzt durch Leihgaben aus Museen und Privatsammlungen weltweit, bilden den Kern der künftigen Ausstellungen.
Ein interessantes Beispiel aus der Sammlung ist das Werk von Shōzō Shimamoto, einem Mitbegründer der japanischen Gutai-Gruppe. Diese Gruppe entstand in den 1950er Jahren und revolutionierte die Kunstszene durch die Verschmelzung von Performance, Malerei, Installation und Theater. Shimamoto selbst entwickelte die "Bottle Crash"-Technik, bei der er mit Farbe gefüllte Flaschen auf Stoffbahnen warf. Eine solche Arbeit aus dem Jahr 2008, "Palazzo Ducale 11", entstand während einer Kunstperformance Shimamotos im Palazzo Ducale in Genua und ist ein prominenter Teil von Ernsts Sammlung. Werke von Shimamoto befinden sich auch in renommierten Museen wie der Tate Gallery in London und dem Museum of Contemporary Art in Tokio.
Ein weiteres bemerkenswertes Werk der Sammlung ist "Albuquerque #7", das durch seine Farbintensität und seinen Bezug zu Licht und Raum in Kalifornien besticht. Es repräsentiert das Talent von Richard Diebenkorn, einem der führenden amerikanischen Künstler der Nachkriegszeit, wie die New York Times in seinem Nachruf 1993 hervorhob.
Das Museum Reinhard Ernst als „Dritter Ort“
Im Gegensatz zum „Ersten Ort“ (private Räume) und zum „Zweiten Ort“ (Arbeitsplatz) beschreibt der „Dritte Ort“ einen öffentlich zugänglichen Begegnungsraum. Er bietet Menschen die Möglichkeit zur Begegnung mit Kunst und Kultur. Einen solchen Ort zu schaffen, der für alle zugänglich ist und zur Auseinandersetzung mit Kunstwerken einlädt, war ein Leitgedanke des Bauherrn Reinhard Ernst und des Architekten Fumihiko Maki. Ein weiterer Leitgedanke des Stifters ist es, Berührungsängste abzubauen und Kinder und Jugendliche frühzeitig an Kunst heranzuführen, um ihre Kreativität zu fördern.
So ist das Museum vormittags ausschließlich für Schulklassen und Bildungseinrichtungen geöffnet. Kinder und Jugendliche bis 18 Jahre haben freien Eintritt. Das Foyer des Museums steht allen Besuchern kostenlos zur Verfügung. Ohne eine Eintrittskarte zu erwerben, können die Besucherinnen und Besucher bereits hier verschiedene zeitgenössische Kunstwerke betrachten, die zum Teil eigens für das Museum geschaffen wurden: Sie können in einen Farbrausch eintauchen, wenn sie die großformatige, tonnenschwere Glasarbeit von Katharina Grosse mit dem Titel „Ein Glas Wasser, bitte“ betrachten. Sie können die Bronzeskulptur von Eduardo Chillida studieren, eine knallrot lackierte Skulptur aus vertikalen Leitplanken von Bettina Pousttchi oder eine ganz neue Arbeit des Wiesbadener Künstlers Karl-Martin Hartmann kennen lernen. Vom Foyer aus kann man den Museumsshop besuchen oder sich in der Museumsgastronomie rue 1 by gollner’s verabreden. Und auch für Vorträge, Konzerte, Lesungen oder private Feiern gibt es einen Raum: das Maki Forum, das bis zu 250 Personen Platz bietet. Im Untergeschoss des Museums sind die kühnen, leuchtenden Glasarbeiten von MadC (Claudia Walde) zu entdecken.
Die Kunsthistorikerin Ines Gutierrez, die zuvor in London tätig war, wird für den Aufbau des Museumsshops und die digitale Marketingstrategie des Museums verantwortlich sein. Sie arbeitet bereits seit Herbst 2021 für das Museum, das im Frühjahr 2023 eröffnet werden soll.
Besucherinformationen
Das Museum Reinhard Ernst befindet sich in Wiesbaden auf Wilhelmstraße 1, die genauen Öffnungszeiten und Eintrittspreise können der offiziellen Website des Museums entnommen werden.[1]
Publikationen
- Abstrakter Expressionismus – und mehr. Amerikanische Malerei in der Sammlung Reinhard, Hirmer Verlag, 2024 (im erscheinen=
- Fumihiko Maki und das Museum Reinhard Ernst, Av Edition, 2023.
- Die Kunst gehört allen: Museumsgründer Reinhard Ernst im Gespräch mit Peter Lückemeier und Stefan Schröder, Verlag Waldemar Kramer, 2023.
- Faszination Farbe. Abstrakte Malerei – Die Sammlung Reinhard Ernst, Hirmer Verlag, 2019
- Making the Museum Reinhard Ernst Wiesbaden. Maki and Associates. Katalog im Rahmen der gleichnamigen Ausstellung im Aedes Architektur Forum 14. Mai- 29. Juni 2022.
Externe Links
- Offizielle Website des Museums Reinhard Ernst]
- Wikipedia-Beitrag über das Museum Reinhard Ernst
- Reinhard & Sonja Ernst-Stiftung