Lebensweg

Geboren am 02.06.1902 in Köln

Hingerichtet am 08.01.1945 in Brandenburg/Havel

Wohnort: Wiesbaden

Beruf: Kraftfahrer

Meldung wichtiger staatspolitischer Ereignisse, Reichssicherheitshauptamt, Amt IV, Nr. 1 (02.07.1943)

Meldung wichtiger staatspolitischer Ereignisse, Reichssicherheitshauptamt, Amt IV

Meldung wichtiger staatspolizeilicher Ereignisse – Nr. 1 (02.07.1943). In: Nationalsozialismus, Holocaust, Widerstand und Exil 1933-1945. Online-Datenbank. De Gruyter. 15.03.2025. LINK Dokument-ID:  rk795. Ursprünglich veröffentlicht in: Regimekritik, Widerstand und Verfolgung in Deutschland und den besetzten Gebieten. Meldungen und Berichte aus dem Geheimen Staatspolizeiamt, dem SD-Hauptamt der SS und dem Reichssicherheitshauptamt 1933-1945. Mikrofiche-Edition. Hrsg. von Heinz Boberach in Zusammenarbeit mit dem Bundesarchiv. München: K. G. Saur, 1999-2001.

Strafgefängnis Berlin-Plötzensee (01.10.1944-06.12.1944)

Gefangengenkarte von Paul Johannzen im Strafgefängnis Berlin-Plötzensee. Quelle: Landesarchiv Berlin, A Rep 369. Link zu den Gefangenkarteikarten des Strafgefängnisses Plötzensee

Strafgefängnis Berlin-Plötzensee

Aufenthalt während des Prozesses beim Volksgerichtshof.

Paul Franz Johannzen, geboren am 02.06.1902 in Köln.

Beruf: Kraftfahrer

Wohnhaft: Wiesbaden, Riehlstr. 6

Ehefrau: Eugenia, geb. Beik (?). 1 Kind

Vater: Eugen Johannzen, verstorben

Mutter: Emma Johannzen, geb. Kandler, wohnhaft: Wiesbaden, Rheinstraße (?) 88

Unterbringung IV

Strafgefängnis Plötzensee

Eingeliefert am 01.10.1944 um 22:00 von Strafanstalt Diez.

Vorstrafen im Zuchthaus 1934 in Wiesbaden

Volksgerichtshof ? Zersetzung

3J 934/44

Todesstrafe

Zuchthaus Brandenburg

Volksgerichtshof (1944)

Abschrift.

BS.75.44

3 J 934.44

Im Namen des Deutschen Volkes!

In der Strafsache gegen den Kraftfahrer Paul Johannzen aus Wiesbaden, geboren am 2. Juni 1902 in Köln a.Rhein, zur Zeit in dieser Sache in gerichtlicher Untersuchungshaft, wegen Wehrkraftzersetzung, hat der Volksgerichtshof, Bes. Senat, auf Grund der Hauptverhandlung vom 28. November 1944, an welcher teilgenommen haben

  • als Richter: Präsident des Volksgerichtshofs Dr. Freisler, Vorsitzender, Volksgerichtsrat Dr. Greulich, SS-Brigadeführer Oberst a.D. Goetze, NSKK-Obergruppenführer Regierungsdirektor Offermann, Reichshauptamtsleiter Giese, 
  • als Vertreter des Oberreichsanwalts: Erster Staatsanwalt Nöbel

für Recht erkannt:

Paul Johannzen, alter R-G-O-Mann, hat Jahre lang Feindfunk gehört und im Betrieb die Feindnachrichten systematisch verbreitet.

Als für immer ehrloser Zersetzungspropagandist unserer Kriegsfeinde wird er dafür mit dem Tode bestraft.

Gründe:

Paul Johannzen kaufte sich im Spätherbst 1940 einen Radioapparat. Von da ab bis zum Frühjahr 1943 hörte er mit ihm wöchentlich ein- bis zweimal (es mag auch ab und zu ein längerer Zwischenraum gewesen sein) den Londoner Feindfunk. Wie er sagt, weniger häufig aber dennoch mehrmals hörte er auch den Moskau-Sen- der und den sogenannten Freiheitssender ab und ebenso hörte er im Sender Beromünster des öfteren die dort wiedergegebenen feindlichen Heeresberichte.

Das was er dort hörte, besprach er mit seinen Arbeitskameraden Fritz Reinhardt und Karl Wiedenmeyer. Sie gingen dabei von dem Gedanken aus, daß der Krieg verloren sei und waren sich darin einig, daß der Nationalsozialismus vernichtet werden müsse. Wiedenmeyer war übrigens ebenso wie Johannzen bei der Machtergreifung wegen seiner politischen Einstellung eine Zeit lang aus dem Betriebe entfernt worden. Man sagt also nicht zu viel, wenn man diese Feindfunkhörgemeinschaft als eine kommunistische Dreierzelle in den Wiesbadener Verkehrsbetrieben kennzeichnet. Außerdem erzählte Johannzen die abgehörten Feindnachrichten einem anderen Bekannten namens Schlosser.

Johannzen hat das alles wie schon früher so auch eben wieder vor uns eingestanden. Und wir haben nicht den geringsten Zweifel, daß er mit diesem seinem Geständnis sich nicht über Gebühr zu Unrecht belastet; sondern daß das, was er zugibt, der Mindestgehalt seiner Schuld ist.

Johannsen ist eben geblieben, was er früher war: der Kommunist, der er vor 1933 in den Wiesbadener Verkehrswerken als RGO- Mann gewesen ist. Nichts hat ihn geändert. Weder die zweimalige Schutzhaft im Jahre 1933 noch die Großzügigkeit ihm gegenüber, die darin bestand, daß er lediglich einmal zehn und einmal vier Tage in Schutzhaft bleiben mußte; noch die Strafe von 6 Monaten Gefängnis, die gegen ihn im Jahre 1934 verhängt werden mußte, weil er die SA und SS beschimpft hat; noch die Tatsache, daß er, wie er sich

Zuchthaus Brandenburg-Görden (07.12.1944-06.01.1945)

Zuchthaus Brandenburg-Görden

Literatur

  • Wieland, Günther (1989): Das war der Volksgerichtshof: Ermittlungen, Fakten, Dokumente. Pfaffenweiler: Centaurus-Verlagsgesellschaft, Berlin.

Archivalien

Hessisches Hauptstaatsarchiv Wiesbaden

  • Paul Johannzen. Entschädigungsakte (1949-1976), Behördensignatur W 13202. HHStAW, 518, 2640.

Hessisches Staatsarchiv Marburg

  • Paul Johannzen. Urteil des OLG Kassel wegen Wehrkraftzersetzung (1943-1951): Organisations- und Aktenzeichen: K OJs 131/43, Gefangengenpersonalnummer 754/1943. HStAM, 251 Marburg, 243.

Stadtarchiv Wiesbaden

  • Aus der Geschichte der Arbeiter im Raum Mainz, Biebrich, Wiesbaden (1991). Band 12: Im selbstentfesselten Krieg oder in den KZs starben Arbeiter aus ganz Europa, S. 130-134. StadtA WI, NL 34, 272.
  • Hinweis zu Paul Johannzen. In. Widerstand des KPD-Unterbezirks Wiesbaden (1934-1935, 1946, 2003, 2005). StadtA WI, NL 75, 978.
  • Korrespondenzen in der Sache des infolge einer Denunziation am 8.1.1945 wegen "Wehrkraftzersetzung" hingerichteten Paul Johannzen. In: Komitee der Konzentrationäre bzw. Vereinigung der Verfolgten des Nazi-Regimes (VVN) (1945-1947, 1950). StadtA WI, NL 38, 7.
  • Urteil und Anklage gegen Paul Johannzen, Wilhelm Widenmeyer, Friedrich W. Reinhardt und Johann Schlosser. In: Sammlung von Lebensläufen, Zeitungsberichten, Zeitzeugenberichten und Kopien von Strafgerichtsunterlagen zu verschiedenen Widerstandskämpfern oder Verfolgten aus der KPD, Bd. 1 (1928-1947). StadtA WI, NL 255, 32.
  • Paul Johannzen und der Widerstand der Omnibusfahrer (29 Blätter: Hitler kritisierende Artikel im Scheinwerfer, Organ der Belegschaft der Verkehrsbetriebe Wiesbaden, Bericht über Verhandlung gegen Johannsen sowie gegen Reinhardt und Wiedemeyer, Kopie des Urteils, Bericht in Wiesbadener Tageszeitung bis hin zu dem Brief Paul Krüger vom 29.7.1945 über Paul Johannzen. In: Sammlung von Lebensläufen, Zeitungsberichten, Zeitzeugenberichten und Kopien von Strafgerichtsunterlagen zu verschiedenen Widerstandskämpfern oder Verfolgten aus der KPD, Bd.2 (1933-1947, 1960-1977). StadtA WI, NL 255, 33.

Landesarchiv Berlin

  • Gefangenenkarte für Paul Franz Johannzen. Landesarchiv Berlin, A Rep 369, Gefangenenkartei Strafgefängnis Berlin-Plötzensee LINK

Online-Datenbank "Nationalsozialismus, Holocaust, Widerstand und Exil 1933-1945" De Gruyter